3. Vom Vater Jesu zum 'Mysterium' der Trinität

(1) Kann eine Trinitätslehre normativ sein?

K.-H. Ohlig

Mit welchem Recht kann eine Trinitätslehre normativ sein, wenn feststeht, dass Jesus selbst nur vom Gott Israels, den er Vater nannte, und nichts von seiner eigenen späteren 'Vergottung' wusste? Muss man die Trinitätslehre nicht als einen Inkulturationsvorgang verstehen, als eine kontingente, kontextuelle Komplizierung der jesuanischen Gottesvorstellung (124)?

Die Geschichte der Trinitätslehre selbst ist eine Anfrage an die Theologie, wie sie mit ihren eigenen Normen und mit der behaupteten Kontinuität zum kanonischen Anfang umgehen will (125).

K.-J. Kuschel (1997): Die pln Christologie setzt gerade nicht das voraus, was für W. Pannenberg Basis seiner ganzen Christologie ist: die im Akt der Auferweckung endgültig offenbar gewordene, d.h. von vornherein gegebene metaphysische Relation von Gott-Vater und Gott-Sohn: eine Wesenseinheit Jesu mit Gott. Das ist Nikaia, nicht Paulus! Pannenberg hat seine christologischen Grundaussagen nicht aus einer vorurteilslosen Auseinandersetzung mit dem NT und der kritischen Exegese gewonnen, sondern aus einer bereits feststehenden dogmatischen Überzeugung. Bei Pannenberg liegt ein Verhältnis von Exegese und Dogmatik vor, das hermeneutisch zutiefst problematisch ist, denn Pannenberg sucht im NT nur nach hinführenden Ansatzpunkten für seine von vornherein feststehende dogmatische Christologie. Dass weder die Präexistenzaussage des Phil-Hymnus noch die Christologie des Paulus eine Reflexion auf die ewige Relation von Vater und Sohn kennt, stört Pannenberg nicht. Ihm reicht es, dass bei Paulus der Präexistenzgedanke vorkommt, um ihn für seine eigene Dogmatik zu funktionalisieren. So vermischt man, was zwei Vorstellungswelten angehört, die durch einen Paradigmenwechsel getrennt sind (158).

Nach J. Habermann ist bei den urchristlichen Präexistenzaussagen ein spekulativer Charakter so gut wie nicht auszumachen. Die Präexistenz wird im Grunde sehr vorsichtig (Phil 2,6; Joh 1,1f) ausgesagt oder mit Hilfe von Formeln (1Kor 8,6; Kol 1,16; Hebr 1,2; Joh 1,3.10) und Weisheitsprädikaten (Kol 1,15; Hebr 1,3) zum Ausdruck gebracht. Den schillerndsten Eindruck hinterlässt 1Kor 10,1-13 mit der Vorstellung von dem in der atl Geschichte in typologischer Weise handelnden präexistenten Christus. Aber auch hier bilden die Aussagen im Vergleich zu rabbinischen Quellen keine Besonderheit und sind eher moderat. Die Zurückhaltung der christlichen Autoren wird durch folgende Beobachtungen unterstrichen: In den untersuchten Texten findet sich

•     keine ausführliche Erörterung über die Präexistenz

•     keine Thematisierung einer Zeugung oder besonderen Herkunft aus (dem) Gott

•     keine detaillierte Überlegung über die Art des Zusammenseins mit (dem) Gott

•     keine Erwähnung der Dauer der Präexistenz

•     kein ausführliches Nachdenken über das Wesen und die Eigenschaften des Präexistenten.

Die Texte verlieren sich nicht in Spekulationen, sondern rücken den Präexistenten lediglich auf die Seite Gottes. Wenn der Präexistente handelt, dann handelt er authentisch für Gott. Wenn er das Heil bringt, dann ist dieses Heil, da es nicht aus der Welt kommt, verbürgt. Die genannten göttlichen Prädikate erlauben es im NT noch nicht, von einer göttlichen Natur im Unterschied zu einer menschlichen Natur zu sprechen. Auch der Gedanke der Subordination ist selbst auf dieser Stufe nicht einfach abzuweisen. Die urchristliche Christologie widersetzt sich den Kategorien, die eine philosophische oder dogmatische Betrachtungsweise an sie anlegt. Bei den Präexistenzaussagen handelt es sich weithin um Hymnen, die noch nicht mit einer geschliffenen Terminologie geschaffen wurden. Der Lobpreis stellt sich nicht einfach den Anforderungen des Lehrsaals (Kuschel 158f).

H. Küng (1991): Die klassische Trinitätslehre ist ein verwirrendes Begriffsspiel: eine Lehre mit drei Hypostasen, Personen, Proposopa, zwei Prozessionen oder Hervorgängen und vier Relationen oder Beziehungen. Was sollen die dialektischen theologischen Kunstgriffe? Was soll eine reale Differenz in Gott zwischen Vater, Sohn und Geist, die doch die reale Einheit Gottes nicht aufheben soll? Was soll eine logische Differenz zwischen Gott als Vater und Gottes Natur, die doch ein reales Fundament in der Sache haben soll. Hunderte von Seiten brauchen christliche Theologen seit Augustin, um das alles in hoher Dialektik zu erklären, was für Paulus und Johannes noch so einfach war (456).

Erst nach Jesu Tod, als man aufgrund der Ostererfahrungen glaubte, dass er in Gottes ewiges Leben aufgenommen, durch Gott zu Gott, seinem Vater, erhöht worden war, hat die glaubende Gemeinde angefangen, den Titel Sohn oder Sohn Gottes für ihn zu gebrauchen (459).

Kein Satz des AT wird im NT mehr zitiert als der Satz von der Throngemeinschaft des zu Gott Erhöhten mit Gott selbst (Ps 110,1). Hier ist nicht eine Abkunft, sondern die Einsetzung in eine Rechts- und Machtstellung im atl Sinne gemeint. Nicht eine physische Gottessohnschaft, sondern eine Erwählung und Bevollmächtigung Jesu durch Gott, ganz im Sinn des AT (460).

Das NT spricht von einer Sendung des Gottessohnes oder von einer Fleischwerdung des Gotteswortes. Die pln Aussagen von der Sendung des Gottessohnes setzen keine Präexistenz Christi als mythologisch verstandenes Himmelswesen voraus, sondern können gut jüdisch verstanden werden im Kontext der Propheten-Tradition. Die Metapher Sendung bringt die Überzeugung zum Ausdruck, dass Jesu Person und Werk nicht innergeschichtlichen Ursprungs sind, sondern sich ganz Gottes Initiative verdanken (464).

Im Joh-Ev wird noch so formuliert: “Das ist das ewige Leben, dass sie dich, der du allein wahrer Gott bist, und den, den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen“ (17,3) “Ich gehe hin zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott“ (20,17). Dieses Evangelium enthält keine spekulative metaphysische Christologie, sondern eine mit der Welt des Judenchristentums verbundene Sendungs- und Offenbarungschristologie, in der freilich die unmythologisch verstandene Präexistenzaussage eine verstärkte Bedeutung bekommt. Der Satz: “Ich und der Vater sind eins“ (10,30) hat mit irgendwelchen dogmatisch-spekulativen Aussagen über das innergöttliche Wesensverhältnis nichts zu tun. Im Vordergrund steht die Bekenntnisaussage: Der Mensch Jesus von Nazareth ist der Logos Gottes in Person. Er ist es gerade als sterblicher Mensch. Er ist es aber nur für die, die bereit sind, in seinem Wort Gottes Wort, in seiner Praxis Gottes Taten, in seinem Weg Gottes Geschichte, in seinem Kreuz Gottes Mitleiden vertrauend zu glauben (464f).

Im Kontext der Geschichte des Juden Jesus muss das griechische Vorstellungsmodell Inkarnation gewissermaßen geerdet werden. Tut man dies, so wird Menschwerdung nur vom ganzen Leben und Sterben und neuen Leben Jesu her richtig verstanden. Denn in all seinem Reden und Verkündigen, in seinem ganzen Verhalten, in seiner ganzen Person hat der Mensch Jesus nicht als Gottes Nebenbuhler gewirkt, sondern hat des einen Gottes Wort und Willen verkündet, geoffenbart. So kann man sagen: In diesem Menschen haben Gottes Wort und Wille menschliche Gestalt angenommen. Er ist in menschlicher Gestalt Gottes Wort, Wille, Sohn. Es geht um eine Einheit Jesu mit Gott, um eine Einheit des Erkennens, des Wollens, des Handelns, des Offenbarens Gottes durch Jesus (465f).

Grund und Mitte des Glaubens ist Gott (Theozentrik), aber Gott, so wie er sich in der geschichtlichen Person Jesu Christi endgültig geoffenbart hat (Theozentrik konkretisiert durch Christozentrik). Das Prinzip der Einheit ist nach dem NT der eine Gott (ho theos: der Gott = Vater), aus dem alles und auf den hin alles ist. Es geht im NT um soteriologisch-christologische Aussagen über die Art und Weise der Offenbarung Gottes durch Jesus Christus in dieser Welt: um sein dynamisch-universales Wirken in der Geschichte, um sein Verhältnis zum Menschen und um des Menschen Verhältnis zu ihm (468).

Kriterium für das Christsein ist nicht die Jahrhunderte später herausgebildete kirchliche Trinitäts-, Inkarnations- und Satisfaktionstheorie sondern der Glaube an den einen und einzigen Gott und die praktische Nachfolge Jesu Christi im Vertrauen auf die Kraft des heiligen Geistes Gottes (472).

H. Küng (1994): Was Judenchristen glauben: In der judenchristlichen Gemeinde war der Glaube an den einen Gott so sehr eine Selbstverständlichkeit, dass der Gedanke an die Konkurrenz durch ein anderes gottgleiches Wesen von vornherein nicht aufkommen konnte. Dass der Hingerichtete von Gott zu Gott erhöht wurde und jetzt den Ehrenplatz “zur Rechten Gottes“ (Ps 1,10) einnahm, dass er durch die Auferweckung “zum Herrn und Messias gemacht“ wurde (Apg 2,22-36) und er jetzt der Wegweiser, Heilbringer und kommende Weltenrichter ist: dies alles wurde im judenchristlichen Paradigma – auch bei Paulus und Johannes – nicht als eine Konkurrenz zum Glauben an den einen Gott, sondern als dessen Konsequenz angesehen: Jesus Christus – die Verkörperung der Herrschaft und des Reiches Gottes, das schon jetzt im Geist erfahren werden kann (126).

Keine Trinitätslehre im NT

So viele triadische Formeln es im NT auch gibt, so steht von einer 'Einheit' dieser drei höchst verschiedenen Größen, einer Einheit auf gleicher göttlicher Ebene, im ganzen NT kein Wort. Den Satz 1Joh 5,7f (“Denn drei sind es, die das bezeugen: der Geist und das Wasser und das Blut; und die drei stimmen überein“.) hat die historisch-kritische Forschung als eine im 3./4. Jh. entstandene Fälschung entlarvt. D.h. im ganzen NT gibt es den Glauben an Gott, den Vater, an Jesus, den Sohn und an Gottes heiligen Geist, aber keine Lehre von einem Gott in drei Personen (Seinsweisen), keine Lehre von einem drei-einigen Gott, einer Dreifaltigkeit (126f).

Stephanus hat eine Vision während seiner Verteidigungsrede: “Erfüllt vom Heiligen Geist, blickte er zum Himmel empor, sah die Herrlichkeit Gottes und Jesus zur Rechten Gottes stehen und rief: Ich sehe den Himmel offen und den Menschensohn zur Rechten Gottes stehen“ (Apg 7,55f). Stephanus sieht nicht eine dreigesichtige Gottheit und erst recht nicht drei gleichgestaltige Männer, sondern der Heilige Geist ist auf Stephanus Seite, ist in ihm selber. Der Geist, die von Gott ausgehende unsichtbare Kraft und Macht, erfüllt ihn ganz und öffnet ihm so die Augen: im Geist zeigt sich ihm der Himmel.

Gott selber (ho theos) bleibt verborgen, ist nicht menschenähnlich. Nur seine Herrlichkeit ist sichtbar: Gottes Glanz und Macht, der Lichtglanz, der von ihm ausgeht. Jesus, sichtbar als der Menschensohn, steht “zur Rechten Gottes“ d.h. in Throngemeinschaft mit Gott in gleicher Macht und Herrlichkeit! Als Sohn Gottes erhöht und aufgenommen in Gottes ewiges Leben, ist er Gottes Stellvertreter für uns und zugleich als Mensch der Stellvertreter der Menschen vor Gott (127).

Was heißt: Glauben an Vater, Sohn und Geist?

Gott, der unsichtbare Vater über uns, Jesus, der Sohn des Menschen, als Gottes Wort und Sohn mit uns, der Heilige Geist, als Gottes Kraft und Liebe in uns.

Paulus sieht das ähnlich: Gott schafft das Heil durch Jesus Christus im Geist. Wir sollen im Geist durch Jesus Christus zu Gott beten. Jesus als dem zu Gott erhöhten Herrn ist Gottes Macht, Kraft, Geist so sehr zu eigen geworden, dass er nicht nur vom Geist ergriffen und des Geistes mächtig ist, sondern dass er aufgrund der Auferweckung sogar selbst in der Existenz- und Wirkweise des Geistes ist. Im Geist kann er den Gläubigen gegenwärtig sein, nicht physisch-materiell sondern als geistige Wirklichkeit im Leben des Einzelnen und der Glaubensgemeinschaft. Deshalb geht es in der Begegnung mit Gott, Herr und Geist für den Glaubenden letztlich um die eine und selbe Begegnung, um das Handeln Gottes selbst: “Die Gnade des Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen“ (2Kor 13,13) (128).

So wird auch von Vater, Sohn und Geist in den Abschiedsreden bei Johannes gesprochen, wo der Geist die personalen Züge eines Beistandes und Helfers hat. Der Geist ist gleichsam der Stellvertreter des erhöhten Christus auf Erden. Er ist gesandt vom Vater in Jesu Namen. So redet er nicht von sich aus, sondern erinnert an das, was Jesus gesagt hat.

Die Schlüsselfrage zur Trinitätslehre ist nach dem NT nicht die als undurchdringliches Geheimnis deklarierte Frage, wie drei so verschiedene Größen ontologisch eins sein können, sondern die christologische Frage, wie das Verhältnis Jesu zu Gott schriftgemäß ausgesagt werden soll. Dabei darf der Glaube an den einen Gott, den das Christentum mit dem Judentum und dem Islam gemeinsam hat, keinen Moment in Frage gestellt werden: Es gibt außer Gott keinen anderen Gott! Das Prinzip der Einheit ist dem NT zufolge nicht die eine, mehrere Größen gemeinsame göttliche Natur (physis). Das Prinzip der Einheit ist für das NT wie für das AT eindeutig der eine Gott (ho theos), aus dem alles und auf den hin alles ist (128f).

Bei Vater, Sohn und Geist geht es dem NT zufolge nicht um metaphysisch-ontologische Aussagen über Gott an sich und seine innerste Natur: über ein statisches, in sich ruhendes, uns offen stehendes inneres Wesen eines dreieinigen Gottes. Es geht vielmehr um soteriologisch- christologische Aussagen, wie Gott selbst sich durch Jesus Christus in dieser Welt offenbart: um Gottes dynamisch-universales Wirken in der Geschichte, um sein Verhältnis zum Menschen und um des Menschen Verhältnis zu ihm. Es gibt bei aller Verschiedenheit der Rollen durchaus eine Einheit von Vater, Sohn und Geist, nämlich als Offenbarungsgeschehen und Offenbarungseinheit: Gott wird durch Jesus Christus offenbar im Geist. Dies ist die Denkstruktur, wie sie im Rahmen des judenchristlichen Paradigmas geprägt wurde und wie sie als Struktur auch einem Juden nicht fremd sein müsste (129).

Die Judenchristenheit hat in der Folgezeit immer auf der historischen Tatsache insistiert, dass Jesus von Nazareth, der Messias und Herr, nicht ein göttliches Wesen, ein zweiter Gott, sondern ein Mensch gewesen ist. Weder hat der Jesus der Geschichte (der nur implizit eine Christologie vertrat) seine eigene Präexistenz verkündet, noch ließ die judenchristliche Gemeinde (die eine explizite Christologie vertrat) eine Trinitätslehre aufkommen. Die Lehre von der Trinität ist ein Produkt des Paradigmenwechsels von dem apokalyptisch-urchristlichen zum hellenistisch-altkirchlichen Paradigma (129).

Unbestreitbar ist, dass das Konzil ganz und gar in hellenistischen Begriffen, Vorstellungen und Denkmodellen gefangen blieb, die dem Juden Jesus von Nazareth und der Urgemeinde völlig fremd gewesen wären (224).

Es besteht ein gewaltiger Unterschied zwischen einer eschatologisch-endzeitlichen Throngemeinschaft Gottes mit seinem Christus nach dessen irdischem Leben durch die Auferweckung und Erhöhung wie sie im NT verkündigt wird und einer protologisch-vorzeitlich zu denkenden, d.h. von Ewigkeit her immer schon gegebenen und ontologisch verstandenen Wesensgemeinschaft zwischen einem Gott Vater und einem Gott Sohn. Je mehr der Sohn auf eine Seinsebene mit dem Vater gestellt und dieses Verhältnis mit naturhaften Kategorien umschrieben wurde, um so schwieriger wurde es, gleichzeitig Jesu Unterscheidung von Gott und seine Einheit mit Gott begrifflich zusammenzudenken. Da blieb dann nur noch übrig, an ein Begriffsmysterium zu appellieren, wie es weder Jesus verkündigt noch die Apostel bezeugt, wohl aber die Theologen durch die Transposition der biblischen Aussagen auf eine andere Ebene produziert hatten (224f).

Faktisch war die Folge zunächst ein ungeheurer Wirrwarr verschiedener Gruppen und Strömungen und ein halbes Jh. des (mit theologischen und auch politischen Mitteln durchgeführten) Streites (225).

Die konziliaren Entscheidungen haben Spaltungen und Ketzerverfolgungen ausgelöst. Die Christenheit wurde so in Verkehrung ihres Wesens aus einer verfolgten Minderheit zu einer die anderen verfolgenden Mehrheit. Im Namen Jesu Christi, des Predigers der Gewaltlosigkeit und Friedfertigkeit, wurden Andersgläubige verfolgt, umgebracht und Kunstschätze ausradiert. Bis heute ist die Christenheit in die verschiedenen Kirchen gespalten. Diese Spaltung hat mit dem ersten Konzil begonnen, als die Arianer aus der Kirche herausgedrängt und schließlich verfolgt wurden und als nach dem Konzil von Chalkedon eine Reihe von Kirchen aus der Gesamtkirchengemeinschaft ausgeschlossen wurde (238).

Das göttliche Moment in Jesus wurde in Nikaia so ausschließlich betont, dass alles Menschliche an Jesus zurücktrat. Der Christus der Geschichte trat zurück hinter den Christus des Dogmas und die Evangelien hinter die Glaubenslehre der Kirche und die Nachfolge Christi hinter die Orthodoxie der Lehre und der Liturgie (239).

L.M.: Das Chalcedonense bekennt: "Jesus Christus, vollkommen Gott und vollkommen Mensch". Für die Jünger und für die Evangelisten bestand kein Zweifel an der wahren Menschheit Jesu. Man hatte Christus "nach dem Fleische" gekannt, war mit ihm durch Galiläa und Judäa gezogen, hatte seine Verhaftung, seine Marterung und seinen Kreuzestod mit erlebt. Der Glaube an die Auferstehung stand nicht im Gegensatz dazu. Durch die Auferweckung hatte sich Gott dazu bekannt, dass der Gekreuzigte der von ihm Gesandte ist. Im Joh-Ev wird Jesus als der natürliche Sohn von Joseph und Maria verkündet. Paulus sagt: "aus der Frau geboren". Die Aussage 'von einer Jungfrau geboren' kennt Paulus noch nicht. In der Trinitätslehre fehlt das 'vollkommen Mensch' der Zwei-Naturen-Lehre.